Treffen mit Zeitzeugen

Rosemarie Rayermann erinnert sich an persönliche Begegnungen mit Johanna Ey.

Ein bewegender Nachmittag am Mutter-Ey-Platz: Die Tischgemeinschaft „Mutter Ey“ hatte kürzlich die Ehre, eine besondere Zeitzeugin begrüßen zu dürfen. Die 87-jährige Rosemarie Rayermann teilte mit großer Offenheit und spürbarer Herzenswärme ihre persönlichen Erinnerungen an Düsseldorfs berühmteste Galeristin – Johanna Ey.

„Für uns Kinder war sie immer nur die Tante Ey. Den Begriff Mutter Ey gab es damals noch gar nicht“, erzählt Rosemarie Rayermann mit leuchtenden Augen. In den Händen hält sie ein Schwarz-Weiß-Foto aus dem Jahr 1936, das sie als Kleinkind auf dem Schoß ihrer Mutter zeigt – und direkt daneben, auf einer Gartenbank, sitzt Johanna Ey: eindrucksvoll, präsent, vertraut.

Nachbarin und Vertraute – bevor der Ruhm kam

Johanna Ey war in den 1930er Jahren nicht die gefeierte Kunstmäzenin, als die sie später verehrt wurde, sondern schlicht die Nachbarin der Familie Rayermann in Düsseldorf-Pempelfort. In der Erinnerung der damals kleinen Rosemarie war die „Tante Ey“ stets freundlich, herzlich – und sie strahlte besonders, wenn sie den Kindern begegnete.

Doch auch in diesen warmen Kindheitserinnerungen schwingt der Schatten der Zeit mit. Als die Nationalsozialisten Johanna Ey 1934 ihre Galerie nahmen, zog sie sich in ein Hinterhofzimmer an der Stockampstraße zurück – direkt neben der Wohnung der Rayermanns. Dort lebte sie, verborgen und vereinsamt, mit ihrer Tochter Lisbeth.

Eine Nacht, die alles veränderte

Rosemarie Rayermann berichtet von einer dramatischen Nacht im Jahr 1943: Bei einem verheerenden Bombenangriff wurde das Wohnhaus in der Stockampstraße zerstört. Nur durch das beherzte Eingreifen ihres älteren Bruders, der Johanna Ey und ihre Tochter in den Luftschutzkeller brachte, überlebte die Galeristin. Ihre kleine Wohnung jedoch – voller Gemälde, Zeichnungen und Erinnerungen – ging in Flammen auf.

„Die Wände waren voller Bilder“, erinnert sich Rayermann. „Keine Tapeten, dafür überall Kunst – auch auf dem Boden, neben dem Sofa, in jeder Ecke.“ Die Vernichtung dieser Werke war für Johanna Ey ein tiefer Einschnitt. Es hieß, sie habe danach kaum noch Lebenswillen verspürt.

Ein Kreis schließt sich – mit Bert Gerresheim

Der Nachmittag wurde umso eindrucksvoller, als auch der renommierte Düsseldorfer Bildhauer Bert Gerresheim anwesend war – heute ebenfalls 87 Jahre alt – und seine eigene Kindheitserinnerung an Johanna Ey teilte. Im Juli 1947 besuchte er sie gemeinsam mit seiner Mutter. Diese hatte einige Schülerzeichnungen ihres Sohnes mitgebracht und hoffte auf ein Urteil der erfahrenen Kunstkennerin.

„Ich war damals etwas eingeschüchtert von ihr“, gesteht Gerresheim. „Sie konnte sehr kritisch schauen.“ Johanna Ey riet ihm damals, das Gymnasium zu beenden – „und sich dann mal bei Otto Pankok zu melden“. Dass Gerresheim später Meisterschüler Pankoks und ein bedeutender Künstler werden würde, war damals noch nicht absehbar.

Heute schließt sich ein bedeutsamer Kreis: Bert Gerresheim wird eine Büste von Johanna Ey schaffen, die bald auf ihrem neu gestalteten Ehrengrab zu sehen sein wird. Der Sockel aus Basaltlava wird von Cornelia Pastohr gestaltet – Trägerin des Förderpreises Handwerk 2021 der Düsseldorfer Jonges. Die Einweihung ist für Ende des Jahres geplant.


Ein Blick zurück – und ein Zeichen für die Zukunft
Die Tischgemeinschaft „Mutter Ey“ dankt Rosemarie Rayermann und Bert Gerresheim für ihre eindrucksvollen Schilderungen. Solche persönlichen Erinnerungen halten die Geschichte lebendig – und machen spürbar, was „Tante Ey“ für Düsseldorf und seine Kunstszene wirklich bedeutet hat.